19. Oktober 2024

Höhere Steuerfreibeträge für 2024: Steuerentlastungen rückwirkend beschlossen

Im Oktober 2024 hat der Bundestag Steuerentlastungen rückwirkend zum 1. Januar 2024 beschlossen. Der Grundfreibetrag und der Kinderfreibetrag wurden angehoben, um die steuerliche Belastung zu verringern und die Effekte der Inflation abzufedern. Diese Anpassungen beruhen auf dem Existenzminimumbericht, der regelmäßig überprüft und angepasst wird. Doch wie groß ist diese Entlastung tatsächlich?

Was ist der Grundfreibetrag und wie wird er ermittelt?

Der Grundfreibetrag ist der Betrag, der vom Einkommen abgezogen wird, bevor die Steuer berechnet wird. Er soll sicherstellen, dass das Existenzminimum nicht besteuert wird. Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass dieses Einkommen steuerfrei bleiben muss. Der Grundfreibetrag wird regelmäßig anhand des Existenzminimumberichts der Bundesregierung neu festgelegt.

Im Jahr 2024 steigt der Grundfreibetrag um 180 Euro auf 11.784 Euro pro Person. Dadurch wird das zu versteuernde Einkommen verringert, was die Steuerlast senkt.

Was bedeutet diese Erhöhung konkret?

Eine Erhöhung des Grundfreibetrags um 180 Euro bedeutet nicht, dass jeder Steuerzahler automatisch 180 Euro weniger an Steuern zahlen muss. Die tatsächliche Steuerersparnis hängt vom individuellen Steuersatz ab, der auf das zu versteuernde Einkommen angewendet wird.

Ein Beispiel Durchschnittseinkommen in Deutschland (Statista) https://de.statista.com/themen/293/durchschnittseinkommen/:

  • Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer verdienen im Durchschnitt etwa 4.480 Euro brutto im Monat (also 53.760 Euro pro Jahr).
  • Alle Arbeitnehmer (inklusive Teilzeit) verdienen durchschnittlich 3.540 Euro brutto im Monat (also 42.480 Euro pro Jahr).

Die Erhöhung des Freibetrags führt dazu, dass 180 Euro des Einkommens nicht mehr versteuert werden müssen. Die Steuerersparnis hängt somit vom Steuersatz ab:

  • Arbeitnehmer mit einem angenommenen Steuersatz von 19,4 % (Vollzeitbeschäftigte) sparen:
    • 180 Euro×19,4%=34,90 Euro
  • Arbeitnehmer mit einem angenommenen Steuersatz von 15,1 % (alle Arbeitnehmer) sparen:
    • 180 Euro×15,1%=27,23 Euro1

Die tatsächliche Steuerersparnis durch die Erhöhung des Grundfreibetrags beträgt also im Schnitt zwischen 27 und 35 Euro. Für deine individuelle Berechnung nutze Siehe hierzu auch Steuerberechnungen und Abgabenrechner (Bundesfinanzministerium): https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Service/Apps_Rechner/Abgabenrechner/abgabenrechner.html

Der Kinderfreibetrag: Berechnung und Entlastung für Familien

Auch der Kinderfreibetrag wird regelmäßig angepasst, um das Existenzminimum eines Kindes sowie die Kosten für Erziehung, Betreuung und Ausbildung abzudecken. Für das Jahr 2024 wurde der Kinderfreibetrag um 228 Euro auf 6.612 Euro pro Kind und Elternteil angehoben.

Für Eltern bedeutet das, dass für zwei Elternteile 13.224 Euro des Einkommens pro Kind nicht versteuert werden. Diese Erhöhung kann spürbarer ausfallen, insbesondere bei höheren Einkommen und mehreren Kindern. Aber auch hier gilt: Die tatsächliche Steuerersparnis hängt vom individuellen Steuersatz ab.

Wie stark ist die Entlastung durch die Freibetragserhöhung wirklich?

Obwohl die Erhöhung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags einen Schritt zur Entlastung der Steuerzahler darstellt, ist der tatsächliche Effekt auf die Steuerlast eher moderat. Für viele Steuerzahler ergibt sich eine Steuerersparnis von weniger als 40 Euro durch die Erhöhung des Grundfreibetrags.

Die Erhöhung des Kinderfreibetrags entlastet Familien ebenfalls, allerdings ist die Steuerersparnis auch hier abhängig vom Einkommen und kann bei mehreren Kindern spürbarer ausfallen.

Warum werden die Freibeträge nicht jährlich angepasst?

Die Anpassung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags erfolgt alle zwei Jahre, basierend auf dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung. Eine jährliche Anpassung wäre theoretisch möglich, würde jedoch einen hohen bürokratischen Aufwand erfordern und ist daher nicht vorgesehen. Der zweijährige Anpassungsrhythmus bietet den Vorteil, dass die Freibeträge auf fundierten Daten zur Preis- und Lohnentwicklung basieren.

Historische Entwicklung der Freibeträge

Die Diskussion um die Freistellung des Existenzminimums begann bereits in den 1990er Jahren. Ein Meilenstein war der Beschluss des Bundestags im Juni 1995, der die Einführung des Existenzminimumberichts vorsah. Dieser Bericht dient seitdem als Grundlage für die Anpassung der Freibeträge, um sicherzustellen, dass das Existenzminimum steuerfrei bleibt.

Zu den wichtigsten Gesetzen gehören:

  • Inflationsausgleichsgesetz (2022): Dieses Gesetz erhöhte den Grundfreibetrag auf 11.604 Euro und den Kinderfreibetrag auf 6.384 Euro. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten machten jedoch eine weitere Erhöhung im Jahr 2024 notwendig.
  • Steuerfortentwicklungsgesetz (2024): Dieses Gesetz sieht weitere Erhöhungen des Grundfreibetrags auf 12.084 Euro für 2025 und auf 12.336 Euro für 2026 vor, um die Lebenshaltungskosten in Zukunft zu berücksichtigen.

Wie werden die Freibeträge ermittelt? – Zahlen, Fakten und Hintergründe zur Berechnung des Grund- und Kinderfreibetrags

Die Erhöhung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags für 2024 beruht auf dem Existenzminimumbericht, der alle zwei Jahre veröffentlicht wird. Dieser Bericht stellt sicher, dass das Einkommen, das notwendig ist, um die grundlegenden Lebenshaltungskosten zu decken, nicht besteuert wird. Hier ein tieferer Einblick in den Prozess der Ermittlung der Freibeträge und die zugrunde liegenden Zahlen.

1. Sozialrechtliche Regelbedarfe – Grundlage für die Berechnung

Die sozialrechtlichen Regelbedarfe, die den Hartz-IV-Sätzen bzw. dem Bürgergeld entsprechen, bilden die Grundlage für die Berechnung des Existenzminimums. Sie bestimmen, welche finanziellen Mittel erforderlich sind, um Grundbedürfnisse wie Unterkunft, Nahrung, Kleidung und alltägliche Ausgaben zu decken.

Für das Jahr 2023 wurden die Regelbedarfe wie folgt festgelegt:

  • Regelbedarf für alleinstehende Erwachsene: 502 Euro pro Monat
  • Regelbedarf für volljährige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft: 451 Euro pro Monat
  • Regelbedarf für Kinder unter 6 Jahren: 318 Euro pro Monat
  • Regelbedarf für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren: 348 Euro pro Monat
  • Regelbedarf für Jugendliche von 14 bis 17 Jahren: 420 Euro pro Monat

Diese Regelbedarfe fließen in die Berechnung des steuerfreien Existenzminimums ein, das für 2024 auf 11.784 Euro pro Person festgelegt wurde (eine Erhöhung um 180 Euro gegenüber 2023). Diese Erhöhung trägt den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten Rechnung.

2. Lohn- und Preisentwicklung – Einfluss auf die Freibeträge

Neben den sozialrechtlichen Regelbedarfen spielen die Lohn- und Preisentwicklung eine entscheidende Rolle bei der Festlegung des Grund- und Kinderfreibetrags. Das Statistische Bundesamt meldete für das Jahr 2023 eine Inflation von durchschnittlich 6,9 %, was eine erhebliche Belastung für die Bürger darstellte.

Die steigenden Lebenshaltungskosten umfassen besonders:

  • Mieten und Nebenkosten: Die Kosten für Wohnraum stiegen in vielen Regionen um bis zu 10 %, besonders in Ballungsgebieten.
  • Nahrungsmittel: Die Preise für Lebensmittel stiegen um durchschnittlich 13 % im Jahr 2023, was eine besondere Belastung für Geringverdiener darstellte.
  • Energie: Die Kosten für Energie und Kraftstoffe verzeichneten einen Preisanstieg von 19,1 %.

Zusätzlich gab es in Deutschland eine durchschnittliche Lohnsteigerung von etwa 3,5 %. Der Grundfreibetrag wurde angehoben, um zu verhindern, dass inflationsbedingte Lohnsteigerungen zu einer höheren Steuerlast führen – das Phänomen der kalten Progression.

3. Kinderfreibetrag – Das Existenzminimum für Kinder

Der Kinderfreibetrag besteht aus zwei Komponenten: dem sächlichen Existenzminimum und dem Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag.

Für 2024 wurde der Kinderfreibetrag auf 6.612 Euro pro Kind angehoben.

  • Sächliches Existenzminimum: Hierunter fallen die Grundbedürfnisse eines Kindes wie Unterkunft, Nahrung, Kleidung und Schulmaterialien. Die Regelbedarfe für Kinder fließen direkt in diese Berechnung ein.
  • Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag: Dieser Betrag berücksichtigt die zusätzlichen Kosten, die für die Betreuung und Ausbildung eines Kindes entstehen, wie etwa Betreuungskosten oder Schulausgaben.

4. So kommt man auf die Beträge – Eine Beispielrechnung

Basierend auf den Regelbedarfen und der Preisentwicklung ergibt sich das Existenzminimum, das steuerfrei gestellt werden muss. Eine Beispielrechnung für einen alleinstehenden Erwachsenen zeigt, wie die Berechnung im Detail aussieht:

  • Regelbedarf für einen Alleinstehenden: 502 Euro pro Monat × 12 Monate = 6.024 Euro pro Jahr
  • Kosten für Unterkunft und Heizung: 395 Euro (durchschnittliche Warmmiete in Deutschland) × 12 Monate = 4.740 Euro pro Jahr
  • Zusätzliche Aufwendungen für Gesundheitsversorgung und andere notwendige Ausgaben: etwa 1.000 Euro

Diese Komponenten summieren sich auf etwa 11.764 Euro, was der Höhe des Grundfreibetrags von 11.784 Euro entspricht. Diese Berechnung stellt sicher, dass das Existenzminimum in Deutschland „steuerfrei“ bleibt.

5. Anpassung im Zweijahresrhythmus

Der Existenzminimumbericht wird alle zwei Jahre erstellt und bildet die Grundlage für die Anpassung der Freibeträge. Die letzte größere Anpassung erfolgte 2022, als der Grundfreibetrag auf 11.604 Euro festgelegt wurde. Angesichts der außergewöhnlich hohen Inflation wurde dieser Betrag 2024 um 180 Euro auf 11.784 Euro angehoben.

Für die kommenden Jahre sind weitere Anhebungen geplant:

  • 2025: Erhöhung des Grundfreibetrags auf 12.084 Euro
  • 2026: Erhöhung des Grundfreibetrags auf 12.336 Euro

Diese Erhöhungen sollen sicherstellen, dass das Existenzminimum „steuerfrei“ bleibt, auch wenn sich die Lebenshaltungskosten weiter erhöhen.


So werden die Freibeträge ermittelt

Die Ermittlung des Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags basiert auf einer detaillierten Analyse der sozialrechtlichen Regelbedarfe, der Lohn- und Preisentwicklung sowie weiterer Daten des Statistischen Bundesamts. Diese regelmäßigen Anpassungen stellen sicher, dass das Existenzminimum steuerlich freigestellt bleibt. Der 14. Existenzminimumbericht für 2024 hat durch die hohe Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten zu einer Erhöhung der Freibeträge geführt, um die Bürger zu entlasten und die kalte Progression auszugleichen.

Aktuelle Regelbedarfen vs. tatsächliche Lebensrealität

Die Regelbedarfe in Deutschland sollen die grundlegenden Lebenshaltungskosten decken, die für das Existenzminimum notwendig sind. Dazu gehören Ausgaben für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Haushaltsenergie und die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben. Allerdings zeigen unsere Recherchen, dass die Pauschalen im Regelbedarf oft nicht ausreichen, um die tatsächlichen Lebenshaltungskosten vollständig abzudecken.

1. Ernährung

Für die Ernährung sieht der Regelbedarf 2024 etwa 170 Euro pro Monat vor. Dies liegt deutlich unter dem, was ein durchschnittlicher Erwachsener in Deutschland tatsächlich für Lebensmittel und Getränke ausgibt. Je nach Lebensstil und Region liegen die realen Kosten für eine gesunde Ernährung oft zwischen 200 und 250 Euro monatlich. Die steigenden Preise für Lebensmittel, insbesondere im Jahr 2023, haben diese Diskrepanz weiter verschärft.

2. Haushaltsenergie (ohne Heizkosten)

Für Haushaltsenergie (Strom, Warmwasser, etc.) werden im Regelbedarf etwa 37 Euro pro Monat angesetzt. Diese Berechnung basiert auf Durchschnittswerten, doch die tatsächlichen Kosten für Strom sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Je nach Haushaltsgröße, Stromverbrauch und Region können die monatlichen Stromkosten für einen alleinstehenden Haushalt bei 50 bis 80 Euro oder mehr liegen.

3. Kleidung und Körperpflege

Für Kleidung und Schuhe sind im Regelbedarf nur 37 Euro pro Monat vorgesehen, und für Körperpflegeprodukte etwa 18 Euro. Während diese Beträge eine gewisse Grundversorgung ermöglichen, wird dabei nicht berücksichtigt, dass Kleidung für verschiedene Jahreszeiten und Situationen (Berufsbekleidung, Freizeit, besondere Anlässe) gekauft werden muss und gelegentlich Reparaturen oder Ersatzbeschaffungen erforderlich sind. Die steigenden Kosten für Kleidung aufgrund von Inflation und veränderten Marktbedingungen werden in den Regelbedarfspauschalen nicht adäquat abgebildet.

4. Soziale und kulturelle Teilhabe

Ein weiteres Problem ist der Betrag von 45 Euro für soziale und kulturelle Teilhabe. Dieser Betrag deckt kaum die Teilnahme an Aktivitäten wie Kino, Sportvereinen, kulturellen Veranstaltungen oder Ausflügen ab, die für ein erfülltes soziales Leben essenziell sind. Gerade in einer Zeit, in der soziale Isolation zunimmt, ist es wichtig, dass Menschen mit niedrigen Einkommen die Möglichkeit haben, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

5. Tatsächliche Lebenshaltungskosten

Die tatsächlich anfallenden Lebenshaltungskosten übersteigen in vielen Bereichen die angesetzten Regelbedarfe. Dies wird besonders in den Bereichen Ernährung und Haushaltsenergie deutlich, wo die Preissteigerungen besonders gravierend sind. Während der Regelbedarf eine Grundsicherung bietet, sind viele Menschen darauf angewiesen, weitere staatliche Unterstützung oder Hilfen von gemeinnützigen Organisationen zu beantragen, um ihre Lebenshaltungskosten decken zu können.

Unser Statement:

Die aktuellen Regelbedarfe sind ein wesentlicher Bestandteil des Sozialstaates und sollen dazu dienen, ein Existenzminimum zu gewährleisten. Der Regelbedarf ist Basis für den Grundfreibetrag der Einkommensteuer. Allerdings zeigen die aufgeführten Diskrepanzen, dass die Pauschalen für Ernährung, Haushaltsenergie, Kleidung und soziale Teilhabe oft hinter den tatsächlichen Kosten zurückbleiben. Eine regelmäßige und realistische Anpassung dieser Pauschalen an die tatsächliche Lebensrealität der Menschen in Deutschland wäre dringend notwendig, um sicherzustellen, dass der Regelbedarf wirklich ausreicht, um das Existenzminimum zu decken.

Eine Möglichkeit bestände darin, dass die Bundesregierung diese Faktoren stärker in die Berechnungen des Existenzminimumberichts einfließen lassen und bei der Festlegung des Regelbedarfs nicht nur die durchschnittlichen Kosten, sondern auch regionale Unterschiede und spezifische Lebensumstände stärker berücksichtigt.

Wichtige, aber moderate Entlastung

Die Erhöhung der Freibeträge für 2024 bringt eine Entlastung für viele Steuerzahler in Deutschland, spiegelt jedoch nicht die tatsächlichen Verhältnisse wider. Der Steuereffekt liegt im Durschnitt oft nur zwischen 27 und 35 Euro. Für Familien mit mehreren Kindern kann die Steuerersparnis durch den höheren Kinderfreibetrag ggf. spürbarer ausfallen. Jedoch müssen die meisten eine Einkommensteuererklärung für 2024 einreichen um hiervon profitieren zu können.

Zwar wurden die Anpassungen vorgenommen, um die kalte Progression auszugleichen und sicherzustellen, dass das Existenzminimum nicht besteuert wird jedoch könnte die Gestaltung einer bedarfsgerechten Unterstützung spezifischer sein.