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Verrechnungspreise im internationalen Steuerrecht

Verrechnungspreise im internationalen Steuerrecht

„Verrechnungspreise bilden den Schwerpunkt in Betriebsprüfung und bergen somit erhebliche Risiken.“

Grundlagen der Verrechnungspreisdokumentation

Verrechnungspreise sind die Preise, die Unternehmen innerhalb eines Konzerns für den Transfer von Waren, Dienstleistungen oder immateriellen Gütern zwischen verbundenen Unternehmen vereinbaren. Diese Preise müssen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, d.h., sie müssen so gestaltet sein, wie sie zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbart würden. Die Verrechnungspreisdokumentation dient dazu, diese Angemessenheit nachzuweisen und den Anforderungen der steuerlichen Vorschriften gerecht zu werden.

Gesetzliche Grundlage

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zur Verrechnungspreisdokumentation in Deutschland umfassen:

  • § 1 Außensteuergesetz (AStG): Regelt die Einkünftekorrektur bei internationalen Sachverhalten, wenn die Verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
  • § 90 Abs. 3 Abgabenordnung (AO): Verpflichtet Steuerpflichtige, eine Dokumentation zu erstellen, die die Angemessenheit der Verrechnungspreise belegt (Local File und Master File).
  • § 162 AO: Ermächtigt die Finanzbehörden zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen, wenn keine oder unverwertbare Dokumentationen vorgelegt werden.
  • § 162 Abs. 4 AO: Regelt Strafzuschläge bei verspäteter, unvollständiger oder unverwertbarer Dokumentation.
  • Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV): Gibt detaillierte Anforderungen an die Verrechnungspreisdokumentation vor.

Verrechnungspreismethoden

Die Dokumentation muss die angewandten Verrechnungspreismethoden transparent machen. Die gängigen Methoden sind:

  • Preisvergleichsmethode: Vergleich von Preisen zwischen verbundenen Unternehmen und unabhängigen Dritten.
  • Wiederverkaufspreismethode: Ableitung des Verrechnungspreises aus dem Weiterverkaufspreis abzüglich einer angemessenen Marge.
  • Kostenaufschlagsmethode: Berechnung des Verrechnungspreises als Summe der Kosten und eines angemessenen Gewinnaufschlags.
  • Gewinnorientierte Methoden: Wie die Transaktionsbezogene Nettomargen-Methode (TNMM), die den Nettogewinn als Basis für den Fremdvergleich nutzt.

Dokumentationspflichten und Rechtsfolgen

Unternehmen müssen detaillierte Unterlagen führen, die ihre Verrechnungspreise begründen und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben belegen. Versäumt ein Unternehmen diese Pflichten oder liefert es unzureichende Dokumentation, drohen empfindliche Sanktionen, wie Einkommenskorrekturen und Strafzuschläge.

Anwendung der Theorie auf Fallbeispiele

Worst Case Szenario:

Sachverhalt:

Die M-AG (Deutschland) verkauft Modellautos an ihre US-Tochter Car-Inc. für 500.000 €. Die Betriebsprüfung ermittelt eine fremdübliche Preisspanne für die Modellautos zwischen 550.000 € und 650.000 €. Die von der M-AG vorgelegte Verrechnungspreisdokumentation wird von der Betriebsprüfung als unverwertbar eingestuft.

Anwendung der Paragrafen und detaillierte Berechnung:

  1. § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG):
    • Grundsatz: Nach § 8 Abs. 1 KStG sind die Einkünfte, die nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) zu ermitteln sind, der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Das bedeutet, dass alle Einkommensbestandteile, die im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung erfasst werden, in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer einfließen.
    • Anwendung im Fall: Die M-AG hat den Verrechnungspreis zu niedrig angesetzt (500.000 € statt des fremdüblichen Werts). Das führt zu einer Einkünftekorrektur.
  2. Bewertung mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG):
    • Grundsatz: § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG regelt, dass bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern auf verbundene Unternehmen, die nicht zu einem fremdüblichen Preis erfolgt, die Differenz auf den Teilwert korrigiert werden muss. Der Teilwert ist der Betrag, den ein Käufer bei der Übernahme des gesamten Unternehmens für den einzelnen Vermögensgegenstand ansetzen würde.
    • Anwendung im Fall: Hier wird angenommen, dass der Teilwert der Modellautos 550.000 € beträgt (der untere Wert der fremdüblichen Bandbreite). Damit liegt der tatsächliche Verrechnungspreis von 500.000 € unter dem Teilwert.
  3. § 1 Abs. 3 Außensteuergesetz (AStG) – Fremdvergleichsgrundsatz:
    • Grundsatz: Wenn Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, ist eine Einkünftekorrektur vorzunehmen. Gemäß § 1 Abs. 3 AStG erfolgt die Korrektur auf den Medianwert, sofern der tatsächliche Verrechnungspreis nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
    • Anwendung im Fall: Da der festgestellte fremdübliche Preisbereich zwischen 550.000 € und 650.000 € liegt und der angesetzte Preis von 500.000 € darunterliegt, erfolgt eine Korrektur. Die Dokumentation wird als unverwertbar eingestuft, sodass die Finanzverwaltung die Korrektur nach § 162 Abs. 3 AO (siehe unten) am oberen Rand der Bandbreite vornehmen kann, also auf 650.000 €.
  4. § 162 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) – Schätzungsbefugnis:
    • Grundsatz: Die Finanzbehörden dürfen die Besteuerungsgrundlagen schätzen, wenn keine verwertbaren Aufzeichnungen vorgelegt werden. Diese Schätzung darf sich am oberen Rand der fremdüblichen Bandbreite orientieren.
    • Anwendung im Fall: Die Finanzverwaltung schätzt den fremdüblichen Preis auf 650.000 €, da die vorgelegte Dokumentation unverwertbar ist. Dadurch ergibt sich eine Erhöhung der steuerpflichtigen Einkünfte um 150.000 € (650.000 € – 500.000 €).
  5. Strafzuschlag nach § 162 Abs. 4 Abgabenordnung (AO):
    • Grundsatz: § 162 Abs. 4 AO erlaubt es, Strafzuschläge von mindestens 5.000 € oder 5 % bis 10 % des Mehrbetrags der geschätzten Einkünfte zu erheben, wenn eine Dokumentation verspätet, unvollständig oder unverwertbar ist.
    • Anwendung im Fall: Der Differenzbetrag beträgt 150.000 €, und der Strafzuschlag wird mit 10 % des Differenzbetrags angesetzt. Das ergibt einen Strafzuschlag von 15.000 € (10 % von 150.000 €).
  6. § 4 Abs. 5 Nr. 12 Einkommensteuergesetz (EStG) – Nichtabziehbare Betriebsausgaben:
    • Grundsatz: § 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG regelt, dass Geldbußen, Ordnungsgelder und ähnliche Strafzahlungen, die an Behörden geleistet werden, nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind.
    • Anwendung im Fall: Der Strafzuschlag von 15.000 € gemäß § 162 Abs. 4 AO zählt zu den nichtabziehbaren Betriebsausgaben. Das bedeutet, dass dieser Betrag bei der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage nicht abgezogen werden darf, was die steuerliche Belastung der M-AG weiter erhöht.

Zusammenfassung der zusätzlichen Belastung:

  1. Einkünftekorrektur:
    • Einkommenserhöhung gem. § 8 Abs. 1 KStG (vE);
    • Bewertung mit dem TW (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. EStG): +50.000 EUR
    • Soweit § 1 AStG erfüllt; Korrektur auf Median (§1 Abs. 3 S. 4 AStG) +50.000 EUR
    • Da Doku unverwertbar, Korrektur bis zum oberen Rand der Bandbreite möglich (§ 162 Abs. 4 S. 2 AO) +50.000 EUR
    • Erhöhung der Einkünfte um 150.000 EUR aufgrund der Schätzung durch die Finanzverwaltung auf den oberen Rand der Bandbreite (650.000 EUR).
  2. Steuermehrbelastung:
    • Mehrsteuer: 150.000 EUR x 30 % = 45.000 EUR
    • Bei einem angenommenen Steuersatz von 30 % (inkl. Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer) ergibt sich eine zusätzliche Steuerlast von 45.000 EUR(150.000 EUR x 30 %).
  3. Strafzuschlag:
    • Strafzuschlag nach § 162 Abs. 4 S. 2 AO i.H.v. 10% v. 150.000 EUR +15.000 EUR (> 5.000 EUR)
    • Strafzuschlag ist n.abz. BA (§ 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG)
    • Der Strafzuschlag beträgt 15.000 € (10 % des Differenzbetrags von 150.000 €) nach § 162 Abs. 4 AO. Vertretbar wäre auch die Anwendung des Strafzuschlags lediglich auf die Korrektur gem. 162 Abs. 3 AO. Dieser Strafzuschlag ist nicht als Betriebsausgabe abziehbar gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG.

Gesamte zusätzliche Belastung: 60.000 € (45.000 € Steuermehrbelastung + 15.000 € Strafzuschlag).

Die finanzielle Belastung der M-AG setzt sich somit aus der Steuermehrbelastung aufgrund der Einkünftekorrektur und dem nicht abzugsfähigen Strafzuschlag zusammen. Dies unterstreicht die gravierenden Konsequenzen, die eine unverwertbare Verrechnungspreisdokumentation nach sich ziehen kann.

Best Case Szenario:

Sachverhalt:

Die M-AG (Deutschland) verkauft Modellautos an ihre US-Tochter Car-Inc. für 500.000 €. Die Betriebsprüfung ermittelt eine fremdübliche Preisspanne für die Modellautos zwischen 550.000 € und 650.000 €. Die von der M-AG vorgelegte Verrechnungspreisdokumentation wird zunächst als nicht ausreichend angesehen. Bei weiteren Recherchen findet die M-AG jedoch einen substantiierten Fremdvergleichspreis von 500.000 €, den sie nachträglich vorlegen kann.

Anwendung der Paragrafen und detaillierte Berechnung:

  1. § 1 Abs. 3 Außensteuergesetz (AStG) – Fremdvergleichsgrundsatz:
    • Grundsatz: Nach § 1 Abs. 3 AStG sind Einkünfte zwischen verbundenen Unternehmen so zu ermitteln, wie sie zwischen unabhängigen Dritten vereinbart worden wären (Fremdvergleichsgrundsatz). Wenn der tatsächlich vereinbarte Preis nicht dem Fremdvergleich entspricht, ist eine Korrektur vorzunehmen.
    • Anwendung im Fall: Im besten Fall gelingt es der M-AG, einen Fremdvergleichspreis von 500.000 € substantiiert nachzuweisen, der dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Dadurch entfällt die Notwendigkeit einer Einkünftekorrektur. Die Betriebsprüfung akzeptiert den nachgewiesenen Preis als fremdüblich, und die ursprüngliche Vereinbarung bleibt unverändert.
  2. § 162 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) – Schätzungsbefugnis:
    • Grundsatz: § 162 Abs. 3 AO ermöglicht den Finanzbehörden, die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn keine verwertbaren Aufzeichnungen vorgelegt werden. Diese Schätzung kann sich an den oberen Rand der fremdüblichen Bandbreite orientieren.
    • Anwendung im Fall: Da die M-AG nachträglich einen substantiellen Nachweis des Fremdvergleichspreises von 500.000 € erbringen kann, entfällt die Schätzungsbefugnis der Finanzbehörden. Eine Schätzung der Einkünfte auf den oberen Rand der Bandbreite (650.000 €) ist nicht erforderlich.
  3. § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) – Bemessungsgrundlage der Steuer:
    • Grundsatz: Nach § 8 Abs. 1 KStG sind die Einkünfte, die nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) zu ermitteln sind, der Körperschaftsteuer zu unterwerfen.
    • Anwendung im Fall: Da die Verrechnungspreise nicht korrigiert werden müssen, bleibt die Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer unverändert bei 500.000 €. Es entsteht keine zusätzliche Steuerlast.
  4. Möglicher Verspätungszuschlag nach § 162 Abs. 4 Abgabenordnung (AO):
    • Grundsatz: Wenn eine Dokumentation verspätet, unvollständig oder unverwertbar ist, können gemäß § 162 Abs. 4 AO Strafzuschläge von mindestens 5.000 € oder 5 % bis 10 % des Mehrbetrags der geschätzten Einkünfte erhoben werden.
    • Anwendung im Fall: Da die M-AG den Fremdvergleichspreis nachträglich substantiiert darlegen kann, könnte die Finanzverwaltung einen Verspätungszuschlag prüfen. Dieser würde jedoch nur verhängt, wenn die Nachreichung der Dokumentation als verspätet bewertet wird. In diesem Fall könnte ein minimaler Verspätungszuschlag in Höhe von 5.000 € erhoben werden, abhängig von der Bewertung der Umstände durch die Finanzverwaltung.
  5. § 4 Abs. 5 Nr. 12 Einkommensteuergesetz (EStG) – Nichtabziehbare Betriebsausgaben:
    • Grundsatz: § 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG regelt, dass Geldbußen, Ordnungsgelder und ähnliche Strafzahlungen, die an Behörden geleistet werden, nicht als Betriebsausgaben abziehbar sind.
    • Anwendung im Fall: Sollte ein Verspätungszuschlag gemäß § 162 Abs. 4 AO verhängt werden, wäre dieser nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Wenn der Verspätungszuschlag z.B. 5.000 € beträgt, kann dieser Betrag nicht steuermindernd geltend gemacht werden.

Zusammenfassung der Belastung im Best Case:

  1. Keine Einkünftekorrektur:
    • Da der Fremdvergleichspreis von 500.000 EUR substantiiert nachgewiesen (Verrechnungspreis fremdüblich) werden kann, erfolgt keine Korrektur der Einkünfte auf 650.000 EUR nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 162 Abs. 3 AO. Es entstehen keine zusätzlichen steuerpflichtigen Einkünfte.
  2. Keine Steuermehrbelastung:
    • Da die Einkünfte nicht korrigiert werden, bleibt die Steuerlast unverändert. Es entsteht keine zusätzliche Steuer.
  3. Möglicher Verspätungszuschlag:
    • Wenn die Nachreichung des Fremdvergleichspreises als verspätet angesehen wird, könnte ein minimaler Verspätungszuschlag gemäß § 162 Abs. 4 S. 3 AO von 5.000 EUR verhängt werden. Dieser Betrag wäre gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 12 EStG nicht als Betriebsausgabe abziehbar.

Gesamte Belastung im Best Case: 0 € bis 5.000 €, abhängig davon, ob ein Verspätungszuschlag verhängt wird.

Fazit:

Im Best Case Szenario entstehen für die M-AG keine zusätzlichen steuerlichen Belastungen, da der nachträglich nachgewiesene Fremdvergleichspreis von 500.000 € anerkannt wird. Die einzige mögliche Belastung wäre ein Verspätungszuschlag von 5.000 €, falls die Finanzverwaltung die Nachreichung der Dokumentation als verspätet ansieht. Dieser Verspätungszuschlag wäre nicht als Betriebsausgabe abziehbar.

Dieses Szenarien zeigen, wie wichtig es ist, im Falle von Zweifeln an der Verrechnungspreisdokumentation schnell nachträgliche Nachweise zu erbringen, um mögliche steuerliche Risiken zu minimieren.

Geeignete Verrechnungspreismethode

Sachverhalt:

Ein inländischer Produktionsbetrieb (M-AG) in der Kleiderbranche beliefert seine ausländische Vertriebstochtergesellschaft (Car-Inc.) mit Produkten. Der Verrechnungspreis wird vom Produktionsbetrieb nach der Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method) berechnet. Die Vertriebstochter macht jedoch sehr hohe Gewinne. Zudem wurden die Aufwendungen für die Markterschließung im Ausland von der deutschen Muttergesellschaft getragen.

Problemstellung:

Die Kostenaufschlagsmethode, die der Produktionsbetrieb angewendet hat, führt dazu, dass die Vertriebstochter (Car-Inc.) aufgrund der hohen Verkaufspreise sehr hohe Gewinne erzielt. Da es sich bei der Vertriebstochter jedoch um ein Routineunternehmen handelt, dessen Funktion und Risiko geringer sind, erscheint diese Methode ungeeignet, da sie zu einer ungleichen Gewinnverteilung führt.

Anwendung der Paragrafen und detaillierte Analyse:

  1. § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) – Fremdvergleichsgrundsatz:
    • Grundsatz: § 1 Abs. 1 AStG fordert, dass Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen dem entsprechen müssen, was zwischen voneinander unabhängigen Dritten unter vergleichbaren Bedingungen vereinbart würde. Dies ist der sogenannte Fremdvergleichsgrundsatz.
    • Anwendung im Fall: In diesem Fall muss geprüft werden, ob die angewandte Kostenaufschlagsmethode tatsächlich den Fremdvergleichsgrundsatz erfüllt. Da die Vertriebstochter lediglich Routinefunktionen wahrnimmt und geringere Risiken trägt, erscheint es nicht angemessen, dass sie die gesamten Markterschließungsgewinne erhält. Ein Fremdvergleich würde wahrscheinlich eine andere Gewinnverteilung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft vorsehen.
  2. Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method) – § 1 Abs. 3 AStG:
    • Grundsatz: Bei der Kostenaufschlagsmethode wird der Verrechnungspreis als Summe der entstandenen Kosten und eines angemessenen Gewinnaufschlags (Profitaufschlag) berechnet. Diese Methode ist insbesondere bei Routinefunktionen und standardisierten Dienstleistungen oder Produktionen geeignet.
    • Anwendung im Fall: Die Kostenaufschlagsmethode führt in diesem Fall dazu, dass die Vertriebstochter sehr hohe Gewinne erzielt, während die Muttergesellschaft, die die Markterschließungskosten trägt, nur geringe Gewinne erhält. Da die Vertriebstochter als Routineunternehmen anzusehen ist, sollte sie nur einen stabilen, aber niedrigen Gewinn erzielen. Diese Methode ist daher in diesem Fall ungeeignet.
  3. Wiederverkaufspreismethode (Resale Price Method) – Alternative Methode:
    • Grundsatz: Die Wiederverkaufspreismethode eignet sich besonders für Vertriebsunternehmen, die keine wesentlichen Funktionen oder Risiken übernehmen. Bei dieser Methode wird der Verrechnungspreis aus dem Weiterverkaufspreis der Ware abzüglich einer angemessenen Marge berechnet, die den Vertriebsfunktionen und -risiken des Unternehmens entspricht.
    • Anwendung im Fall: Da die Vertriebstochter nur Routinefunktionen ausübt und die Markterschließungskosten von der Muttergesellschaft getragen wurden, ist die Wiederverkaufspreismethode die geeignetere Methode. Diese Methode würde sicherstellen, dass die Vertriebstochter nur eine angemessene Marge auf ihre Verkaufspreise erhält, während der Restgewinn (Residualgewinn) der Muttergesellschaft zugerechnet wird, die die wesentlichen Funktionen und Risiken trägt.
  4. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG – Einkünftekorrektur:
    • Grundsatz: Wenn die gewählte Verrechnungspreismethode nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, kann eine Einkünftekorrektur vorgenommen werden. Diese erfolgt, um die Einkünfte so zu bestimmen, wie sie unter unabhängigen Dritten entstanden wären.
    • Anwendung im Fall: Da die Kostenaufschlagsmethode nicht geeignet ist, könnte die Finanzverwaltung die Einkünfte der Vertriebstochter korrigieren und den Gewinn auf die Muttergesellschaft verlagern. Diese Korrektur würde der Wiederverkaufspreismethode folgen, wodurch die Vertriebstochter eine niedrigere Marge und die Muttergesellschaft einen höheren Gewinn erzielen würde.

Zusammenfassung:

  1. Ungeeignete Methode – Kostenaufschlagsmethode:
    • Die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode führt zu einer ungleichen und nicht angemessenen Gewinnverteilung, bei der die Vertriebstochter hohe Gewinne erzielt, obwohl sie nur Routinefunktionen erfüllt. Diese Methode ist daher in diesem Fall ungeeignet.
  2. Geeignete Methode – Wiederverkaufspreismethode:
    • Die Wiederverkaufspreismethode ist für Vertriebsunternehmen mit Routinefunktionen besser geeignet. Sie stellt sicher, dass die Vertriebstochter nur eine angemessene Marge auf ihre Verkaufspreise erhält, während der Hauptgewinn der Muttergesellschaft zugerechnet wird, die die wesentlichen Funktionen und Risiken trägt.
  3. Korrektur der Einkünfte:
    • Falls die ursprünglich angewandte Methode nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, kann eine Korrektur der Einkünfte vorgenommen werden. Diese Korrektur würde die Einkünfte der Muttergesellschaft erhöhen und die der Vertriebstochter entsprechend reduzieren, um eine gerechte Gewinnverteilung sicherzustellen.

Fazit: In diesem Fall zeigt sich, dass die Wahl der Verrechnungspreismethode entscheidend für eine angemessene Gewinnverteilung zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ist. Während die Kostenaufschlagsmethode zu einer unzutreffenden Verteilung führt, bietet die Wiederverkaufspreismethode eine angemessenere Lösung, die dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht.

Eine falsche Wahl der Methode kann zu erheblichen steuerlichen Risiken und Einkünftekorrekturen führen.

Datenscreening zur Bestimmung des Verrechnungspreises

Sachverhalt:

Eine inländische Tochtergesellschaft (M-AG) erhält von ihrer ausländischen Muttergesellschaft Waren, die auf dem deutschen Markt mit einer Umsatzrendite von 1 % verkauft werden. Der Verrechnungspreis wird durch ein Datenscreening (Transactional Net Margin Method, TNMM) bei anderen Vertriebsgesellschaften ermittelt. Dabei wird eine Bandbreite von 1 % bis 7,5 % verwendet. Diese Bandbreite ergibt sich aus den Werten von etwa 20 Vergleichsunternehmen, die ausschließlich in Osteuropa tätig sind. Das erste Quartil der Bandbreite liegt bei 3 %, das dritte Quartil bei 6 %, und der Median liegt bei 4 %.

Problemstellung:

Die Finanzverwaltung muss entscheiden, ob die verwendete Bandbreite für die Ermittlung des Verrechnungspreises der inländischen Tochtergesellschaft angemessen ist, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vergleichsunternehmen in Osteuropa tätig sind, während die inländische Tochtergesellschaft auf dem deutschen Markt agiert.

Anwendung der Paragrafen und detaillierte Analyse:

  1. § 1 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) – Fremdvergleichsgrundsatz:
    • Grundsatz: Der Fremdvergleichsgrundsatz gemäß § 1 Abs. 1 AStG erfordert, dass Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen so festgelegt werden, wie sie zwischen unabhängigen Dritten unter vergleichbaren Bedingungen vereinbart würden.
    • Anwendung im Fall: Die ermittelte Bandbreite (1 % bis 7,5 %) basiert auf Vergleichsunternehmen, die ausschließlich in Osteuropa tätig sind. Da es Unterschiede in den Marktbedingungen zwischen Osteuropa und Deutschland geben kann, muss geprüft werden, ob diese Bandbreite tatsächlich einen angemessenen Fremdvergleich darstellt.
  2. Transactional Net Margin Method (TNMM) – § 1 Abs. 3 AStG:
    • Grundsatz: Die TNMM ist eine Methode zur Bestimmung des Verrechnungspreises, bei der die Nettomarge einer kontrollierten Transaktion (z.B. zwischen verbundenen Unternehmen) mit der Nettomarge einer vergleichbaren unkontrollierten Transaktion verglichen wird.
    • Anwendung im Fall: Bei der Anwendung der TNMM auf die inländische Tochtergesellschaft wurde eine Bandbreite von 1 % bis 7,5 % festgelegt. Der Median dieser Bandbreite liegt bei 4 %. Diese Methode ist grundsätzlich zulässig, allerdings ist die Vergleichbarkeit der Daten kritisch zu hinterfragen.
  3. Einschränkung der Bandbreite aufgrund eingeschränkter Vergleichbarkeit – § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG und Tz. 53 VWG 2020:
    • Grundsatz: Wenn die Vergleichbarkeit der herangezogenen Daten eingeschränkt ist, etwa weil die Vergleichsunternehmen in anderen Märkten tätig sind, kann die Bandbreite eingeengt werden. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung die Bandbreite nur in dem Teilbereich anwendet, der am besten vergleichbar ist. Tz. 53 der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2020 (VWG 2020) unterstreicht die Notwendigkeit, die Vergleichbarkeit der Daten kritisch zu prüfen und gegebenenfalls die Bandbreite anzupassen.
    • „Da Ergebnisse eines reinen Datenbankscreenings für die Prüfung der Vergleichbarkeit der Sachverhalte und somit der Angemessenheitsdokumentation regelmäßig nicht ausreichen, sind ergänzende Suchschritte und Auswahlverfahren entsprechend aufzuzeichnen und zu dokumentieren (vgl. § 4 Abs. 3 GAufzV). Die hierzu vom Steuerpflichtigen erstellten und zusammengetragenen Daten sind der Finanzbehörde im Rahmen des § 147 Abs. 5 und 6 AO in elektronischer Form zugänglich zu machen.“
    • Anwendung im Fall: Aufgrund der geografischen Unterschiede und möglicherweise unterschiedlicher Marktbedingungen zwischen den osteuropäischen Vergleichsunternehmen und der inländischen Tochtergesellschaft könnte die Finanzverwaltung die Bandbreite von 1 % bis 7,5 % enger fassen. Zum Beispiel könnte die Bandbreite auf das erste bis dritte Quartil (3 % bis 6 %) eingeengt werden, um eine bessere Vergleichbarkeit sicherzustellen. Tz. 53 VWG 2020 betont die Bedeutung einer sorgfältigen Analyse der Vergleichbarkeit, um Verzerrungen zu vermeiden.
  4. BFH-Urteil vom 17.10.2001, I R 103/00, IStR 2001, S. 745:
    • Grundsatz: In diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, dass bei der Anwendung der TNMM die Vergleichbarkeit der herangezogenen Daten besonders sorgfältig zu prüfen ist. Wenn die Vergleichsunternehmen in anderen Märkten tätig sind, müssen Unterschiede in den Marktbedingungen berücksichtigt und die Bandbreite entsprechend angepasst werden.
    • Anwendung im Fall: Das BFH-Urteil unterstützt die Notwendigkeit, die verwendeten Vergleichsdaten kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls die Bandbreite anzupassen. Im vorliegenden Fall könnte das bedeuten, dass die ursprünglich angesetzte Bandbreite von 1 % bis 7,5 % angepasst wird, um den unterschiedlichen Marktbedingungen zwischen Osteuropa und Deutschland Rechnung zu tragen.
  5. Korrektur auf den Medianwert – § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG:
    • Grundsatz: Wenn eine Bandbreite eingeengt wurde, kann eine Korrektur auf den Medianwert dieser Bandbreite vorgenommen werden, um sicherzustellen, dass der Verrechnungspreis dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.
    • Anwendung im Fall: Nach der Einengung der Bandbreite (z.B. auf 3 % bis 6 %) könnte die Finanzverwaltung eine Korrektur des Verrechnungspreises auf den Medianwert der eingeengten Bandbreite vornehmen, also auf 4 %. Dies würde bedeuten, dass die Umsatzrendite der inländischen Tochtergesellschaft auf 4 % angepasst wird, wenn der ursprüngliche Wert nur bei 1 % lag.
  6. § 162 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) – Schätzung:
    • Grundsatz: Falls keine verwertbare Dokumentation vorliegt oder die vorgelegte Dokumentation als nicht ausreichend angesehen wird, können die Finanzbehörden die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Diese Schätzung könnte sich ebenfalls an den eingeengten und korrigierten Werten orientieren.
    • Anwendung im Fall: Sollte die vorgelegte Dokumentation als unzureichend angesehen werden, könnten die Finanzbehörden eine Schätzung auf Basis des korrigierten Medianwerts von 4 % vornehmen, um den Verrechnungspreis der inländischen Tochtergesellschaft zu korrigieren.

Zusammenfassung:

  1. Anwendung der TNMM:
    • Die TNMM ist grundsätzlich geeignet, um den Verrechnungspreis der inländischen Tochtergesellschaft zu bestimmen. Allerdings muss die Vergleichbarkeit der herangezogenen Daten kritisch geprüft werden, insbesondere wenn die Vergleichsunternehmen in einem anderen Markt (Osteuropa) tätig sind.
  2. Einengung der Bandbreite gemäß Tz. 53 VWG 2020 und BFH-Urteil:
    • Aufgrund der eingeschränkten Vergleichbarkeit kann die Finanzverwaltung die ursprüngliche Bandbreite von 1 % bis 7,5 % auf eine engere Bandbreite, z.B. 3 % bis 6 %, eingrenzen, um die Vergleichbarkeit zu verbessern. Diese Vorgehensweise wird sowohl durch Tz. 53 VWG 2020 als auch durch das BFH-Urteil vom 17.10.2001 unterstützt.
  3. Korrektur auf den Medianwert:
    • Nach Einengung der Bandbreite kann der Verrechnungspreis auf den Medianwert dieser Bandbreite (4 %) korrigiert werden, um den Fremdvergleichsgrundsatz zu erfüllen.
  4. Schätzung der Besteuerungsgrundlagen:
    • Sollte die vorgelegte Dokumentation nicht ausreichend sein, könnten die Finanzbehörden den Verrechnungspreis auf Basis des korrigierten Medianwerts von 4 % schätzen.

Fazit: Im Fall des Datenscreenings zeigt sich, dass die Wahl der Vergleichsunternehmen und die Bestimmung der Bandbreite entscheidend für die Angemessenheit des Verrechnungspreises sind. Eine unkritische Übernahme von Vergleichsdaten aus anderen Märkten kann zu einer unangemessenen Bandbreite und damit zu fehlerhaften Verrechnungspreisen führen. Durch die Einengung der Bandbreite und die Korrektur auf den Medianwert lässt sich sicherstellen, dass der Verrechnungspreis den Anforderungen des Fremdvergleichsgrundsatzes entspricht. Die Anwendung von Tz. 53 VWG 2020 und die Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 17.10.2001 stärken die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung und Anpassung der Vergleichsdaten.

EXKURS: Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.05.2021 (I R 4/17) befasst sich mit der Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze im Rahmen der Verrechnungspreisbestimmung innerhalb eines Konzerns.

Kernpunkte des Urteils:

  1. Primat der Preisvergleichsmethode:
    • Der BFH betont, dass vor der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode geprüft werden muss, ob die Preisvergleichsmethode zur Ermittlung der fremdüblichen Zinssätze angewendet werden kann. Dies gilt insbesondere für unbesicherte Konzerndarlehen, unabhängig davon, ob diese von der Muttergesellschaft oder einer konzerninternen Finanzierungsgesellschaft gewährt wurden.
  2. „Stand alone“-Rating:
    • Für die Beurteilung der Bonität ist die Kreditwürdigkeit der einzelnen darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgeblich, nicht die durchschnittliche Bonität des Gesamtkonzerns. Ein interner Konzernrückhalt kann nur dann berücksichtigt werden, wenn er durch rechtlich bindende Einstandsverpflichtungen verfestigt ist und ein konzernfremder Darlehensgeber dies als kreditwürdigkeitserhöhend anerkennen würde.
  3. Kritik an der Schätzungsmethode des Finanzgerichts:
    • Das Finanzgericht Münster hatte die Kostenaufschlagsmethode angewendet, ohne ausreichend zu prüfen, ob die Preisvergleichsmethode anwendbar gewesen wäre. Diese Vorgehensweise wurde vom BFH als nicht ausreichend angesehen, da die Preisvergleichsmethode grundsätzlich bevorzugt werden sollte, wenn entsprechende Vergleichswerte vorhanden sind.
  4. Zurückweisung und Zurückverweisung:
    • Das Urteil des Finanzgerichts Münster wurde aufgehoben, und die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen. Das Finanzgericht muss nunmehr genauer prüfen, ob die Preisvergleichsmethode zur Anwendung kommen kann und ob das angewandte „Stand alone“-Rating korrekt war.

Fazit:

Das Urteil betont die Bedeutung der Preisvergleichsmethode bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen und die Notwendigkeit, die Bonität einzelner Konzerngesellschaften unabhängig vom Gesamtkonzern zu beurteilen. Es stellt klar, dass eine pauschale Anwendung der Kostenaufschlagsmethode nicht zulässig ist, wenn eine direktere und präzisere Methode (wie die Preisvergleichsmethode) verfügbar ist.

Aktuell bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung ihre Position anpassen wird oder ob ein Nichtanwendungserlass ergehen könnte, was bedeuten würde, dass das BFH-Urteil nur im konkreten Einzelfall gilt und nicht auf andere Fälle übertragen werden kann. Unternehmen sollten dennoch aufmerksam sein und potenzielle Abweichungen zwischen der BFH-Entscheidung und der offiziellen Verwaltungspraxis in ihren Steuererklärungen offenlegen, um Risiken bei späteren Betriebsprüfungen zu minimieren.

Verrechenbare Leistungen und Abzugsfähigkeit

Sachverhalt:

Eine deutsche Tochtergesellschaft (M-AG) erhält von ihrer ausländischen Muttergesellschaft Dienstleistungen im Bereich der Finanzierungsberatung. Dafür zahlt die M-AG ein Entgelt an die Muttergesellschaft. Die Frage ist, ob diese Zahlung als verrechenbare Leistung anerkannt und als Betriebsausgabe steuerlich abgezogen werden kann.

Problemstellung:

Die zentrale Frage ist, ob das Entgelt, das die deutsche Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft zahlt, für eine Leistung erbracht wird, die im Interesse der Tochtergesellschaft liegt und damit eine verrechenbare Leistung darstellt. Weiterhin ist zu prüfen, ob es sich bei der Zahlung um abzugsfähige Betriebsausgaben handelt oder ob sie als „shareholder expenses“ eingestuft werden, die nicht abzugsfähig sind.

Anwendung der Paragrafen und detaillierte Analyse:

  1. § 4 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) – Betriebsausgaben:
    • Grundsatz: Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben solche Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Diese Ausgaben sind grundsätzlich steuerlich abzugsfähig, wenn sie betrieblich veranlasst sind und dem Betrieb dienen.
    • Anwendung im Fall: Das Entgelt, das die deutsche Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft für die Finanzierungsberatung zahlt, ist als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn es durch den Betrieb veranlasst ist und der Beratung eine betriebliche Notwendigkeit zugrunde liegt. Die Beratung muss im Interesse der deutschen Tochtergesellschaft erfolgen und nicht nur im Interesse der gesamten Unternehmensgruppe (im Sinne der Shareholder).
  2. § 1 Außensteuergesetz (AStG) – Fremdvergleichsgrundsatz:
    • Grundsatz: § 1 AStG verlangt, dass Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen zu fremdüblichen Bedingungen erbracht und vergütet werden. Dies bedeutet, dass die Vergütung für die Finanzierungsberatung dem entsprechen muss, was unabhängige Dritte unter gleichen Bedingungen vereinbaren würden.
    • Anwendung im Fall: Um die Fremdüblichkeit des Entgelts zu überprüfen, können verschiedene Ansätze herangezogen werden:
      • Externe Gebühren (Preisvergleichsmethode): Ein Vergleich mit den Gebühren, die unabhängige Beratungsunternehmen für ähnliche Dienstleistungen erheben, kann als Basis dienen. Beispielsweise können Stundensätze oder Pauschalhonorare von externen Beratungsfirmen herangezogen werden, um zu prüfen, ob das von der Muttergesellschaft berechnete Entgelt marktüblich ist.
      • Kostenaufschlagsmethode: Alternativ kann die Kostenaufschlagsmethode angewendet werden, bei der das Entgelt als Summe der tatsächlich angefallenen Kosten der Muttergesellschaft und eines angemessenen Gewinnaufschlags ermittelt wird. Hierbei müsste die Muttergesellschaft nachweisen, welche Kosten für die Erbringung der Beratungsleistung angefallen sind und wie diese Kosten um einen marktüblichen Gewinnaufschlag ergänzt wurden.
    • Anwendung im Fall: Um die Fremdüblichkeit des Entgelts zu überprüfen, kann beispielsweise ein Preisvergleich herangezogen werden. Dazu werden die Vergütungen für vergleichbare Finanzierungsberatungen zwischen unabhängigen Unternehmen betrachtet. Wenn das gezahlte Entgelt fremdüblich ist, kann es grundsätzlich als verrechenbare Leistung anerkannt werden.
  3. Abgrenzung zwischen verrechenbaren Leistungen und „shareholder expenses“:
    • Grundsatz: „Shareholder expenses“ sind Aufwendungen, die im Interesse der Muttergesellschaft oder der gesamten Unternehmensgruppe erbracht werden und nicht spezifisch dem Geschäftsbetrieb der Tochtergesellschaft dienen. Solche Ausgaben sind steuerlich nicht abzugsfähig.
    • Anwendung im Fall: Es ist zu prüfen, ob die Finanzierungsberatung ausschließlich im Interesse der deutschen Tochtergesellschaft erfolgt oder ob sie auch der Muttergesellschaft bzw. der gesamten Gruppe dient. Wenn die Beratung der gesamten Gruppe zugutekommt, könnte das Entgelt als „shareholder expense“ eingestuft werden und wäre damit nicht abzugsfähig.
  4. Dokumentationspflichten gemäß § 90 Abs. 3 Abgabenordnung (AO):
    • Grundsatz: § 90 Abs. 3 AO verpflichtet Unternehmen zur Dokumentation von Verrechnungspreisen, um die Angemessenheit der Leistungen und der dafür gezahlten Entgelte nachzuweisen.
    • Anwendung im Fall: Die deutsche Tochtergesellschaft muss die erhaltenen Beratungsleistungen und das dafür gezahlte Entgelt detailliert dokumentieren. Dazu gehört die Darlegung der Art der Leistung, der betriebliche Nutzen und die Angemessenheit der Vergütung. Ohne eine ordnungsgemäße Dokumentation könnte die Steuerbehörde die Betriebsausgabe nicht anerkennen.
  5. § 4 Abs. 5 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) – Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben:
    • Grundsatz: Gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG sind Ausgaben für Leistungen, die dem privaten Bereich oder dem Gesellschafterbereich zuzurechnen sind, nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig.
    • Anwendung im Fall: Sollte die Finanzierungsberatung als Leistung eingestuft werden, die eher dem Gesellschafterbereich (Muttergesellschaft) zuzurechnen ist, wäre das Entgelt für diese Leistung steuerlich nicht abzugsfähig.

Zusammenfassung:

  1. Verrechenbare Leistung:
    • Das Entgelt, das die deutsche Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft für die Finanzierungsberatung zahlt, ist als verrechenbare Leistung anerkannt, wenn die Leistung im Interesse der Tochtergesellschaft erfolgt und zu fremdüblichen Bedingungen erbracht wird.
  2. Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe:
    • Wenn die Beratung im Interesse der deutschen Tochtergesellschaft erfolgt und die Zahlung fremdüblich ist, kann das Entgelt als Betriebsausgabe steuerlich abgezogen werden. Wenn die Beratung jedoch als „shareholder expense“ eingestuft wird, ist das Entgelt nicht abzugsfähig.
  3. Dokumentationspflichten:
    • Um die Abzugsfähigkeit sicherzustellen, muss die deutsche Tochtergesellschaft die erbrachten Leistungen und die Angemessenheit des Entgelts ordnungsgemäß dokumentieren.
  4. Risiken:
    • Wenn die Beratung als „shareholder expense“ eingestuft wird oder die Dokumentation unzureichend ist, könnte die Steuerbehörde die Betriebsausgabe nicht anerkennen, was zu einer steuerlichen Nachbelastung führen könnte.

Fazit: Die Einstufung von Leistungen als verrechenbar und deren Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben hängt maßgeblich davon ab, ob die Leistung im Interesse der Tochtergesellschaft erfolgt und zu fremdüblichen Bedingungen erbracht wird. Eine sorgfältige Dokumentation und klare Abgrenzung zu „shareholder expenses“ sind entscheidend, um steuerliche Risiken zu vermeiden.

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